Kompaktinformationen finden Sie unter www.masernschutz.de
Informationen des Ausschusses Prävention der Ärztekammer des Saarlandes
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr müssen ab dem 01.03.2020 mit
Eintritt in den Kindergarten, in die Schule oder in der Regel auch bei Aufsicht
durch eine andere Betreuungseinrichtung (Kindertagesstätte, Tagesmutter
etc.) Masernimpfungen nachweisen. Für die betroffenen Kinder muss der
Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung dieser Nachweis
erbracht werden. Bei Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis gilt
entsprechendes ebenfalls für die in den Einrichtungen zu beschäftigenden
Personen. Bereits betreute Personen und Personal müssen den Nachweis bis
zum 31. Juli 2021 erbringen.
Ziel des am 14. November 2019 im Bundestag beschlossenen und am 20.
Dezember 2019 durch den Bundesrat gebilligten Gesetzes ist der wirksame
Schutz von Schul- und Kindergartenkindern vor einer Masernerkrankung (1).
Ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht laut Gesetzesvorlage,
wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine
Schutzimpfung, und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens
zwei Schutzimpfungen gegen Masern durchgeführt wurden (2).
Gemäß der ständigen Impfkommission (STIKO) sollen Kinder zwischen 11
und 14 Monaten erstmalig gegen Masern geimpft werden. Die
Wiederholungsimpfung ist vor dem Ende des zweiten Lebensjahres
vorgesehen (zwischen 15 und 23 Monaten). Vor Aufnahme bzw. bei Besuch
einer Gemeinschaftseinrichtung (z.B. Kindertagesstätte) sollen Säuglinge
bereits ab dem Alter von 9 Monaten eine erste Impfung mit einem Masern
Kombinationsimpfstoff erhalten. Erfolgt die Erstimpfung im Alter von 9–10
Monaten, soll die zweite Impfung bereits zu Beginn des zweiten Lebensjahres
verabreicht werden, vorzugsweise innerhalb von 3 Monaten, aber mindestens
4 Wochen nach der ersten Dosis (3).
Nach 1970 geborene Personen ohne frühere Lebendimpfung gegen Masern
oder mit unklarem Impfstatus sollen zweimal im Abstand von mindestens 4
Wochen geimpft werden; Personen, die bisher nur einmal gegen Masern
geimpft worden sind, sollen eine zweite Masern-Impfung im Abstand von
mindestens 4 Wochen zur ersten Impfung erhalten: Dabei gilt das Prinzip,
dass jede Impfung zählt (also auch lange zurückliegende Impfungen). Ziel ist
eine mindestens 2-malige Dokumentation einer Masern-Impfung.
Masern-Mumps-Röteln-Impfstoffe können in Kombination mit einem
Varizellen-Impfstoff verabreicht werden. Hierbei sind sowohl die Anzahl der
Impfungen (1. oder 2. Impfung), wie auch das Alter des Kindes zum Zeitpunkt
der Impfung, zu beachten (3). Das Paul-Ehrlich-Institut informiert über die
aktuell verfügbaren Impfstoffe (4). Neben den STIKO-Empfehlungen sind
nähere Informationen bezüglich Verabreichung und Anwendung der
unterschiedlichen Impfstoffpräparate den jeweiligen Fachinformation der
Produkte zu entnehmen. Rechtssicherheit bei Impfungen ist dann gegeben,
wenn den jeweiligen STIKO-Empfehlungen gefolgt und die Impfpraxis nach
den jeweiligen Fachinformationen ausgerichtet wird. Im epidemiologischen
Bulletin des Robert Koch-Instituts vom 22. August 2019 sind die aktuellen
Impfempfehlungen, einschließlich Sonderfälle, spezifiziert (3).
Schutzimpfungen nach der Schutzimpfungs-Richtlinie, die wiederum die
Grundlage für die regionale Impfvereinbarung darstellt und den Katalog der
abrechenbaren Leistungen gegenüber den Krankenkassen definiert, können
die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte
erbringen, die nach den berufsrechtlichen Bestimmungen über eine
entsprechende Qualifikation zur Erbringung von Impfleistungen im Rahmen
der Weiterbildung verfügen (5). Nach letzter Änderung werden nunmehr auch
berufliche Impfungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen, wie sie
aufgrund des Masernschutzgesetzes mit Bezug auf das betroffene Personal
notwendig wurden, geregelt. Allerdings stehen weitere Reglementierungen,
u.a. bezüglich Impfstoffbezug und Vergütungsvereinbarungen zum Zeitpunkt
des Verfassens dieses Artikels noch aus.
Um die Impfprävention insgesamt zu stärken ist ab März jeder Arzt
(ausgenommen Zahnärzte) unabhängig von seinem Fachgebiet zur
Durchführung von allen von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen
berechtigt (nicht nur Masern-Schutzimpfung) (6). Diesbezüglich nähere
Regelungen, insbesondere im Bereich der Qualitätssicherung, obliegen
allerdings den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen. Auch hier war zum
Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels noch unklar, ob weiterhin wie bisher
üblich ein „Antrag auf Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von
Impfleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gemäß der
Schutzimpfungs-Richtlinie” (7) bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu
stellen ist oder ob es hier zu Neureglungen kommen wird. Im bisherigen
Verfahren mussten nur Haus- und Kinderärzte diesen Antrag nicht ausfüllen,
alle anderen Ärzte mussten entweder Zeugnisse oder Bescheinigungen
beifügen um nachzuweisen, dass Impfungen im Rahmen der Weiterbildung
durchgeführt wurden oder dass ein Impfkurs belegt wurde.
Der Nachweispflicht über einen Masernschutz im Sinne des Gesetzes (s.o.)
kann auf mehreren Wegen nachgekommen werden: Zum einen durch die
Impfdokumentation im Impfausweis oder im Kindervorsorgeheft, zum anderen
durch ein ärztliches Zeugnis über einen ausreichenden Impfschutz im Sinne
des Gesetzes oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass eine Immunität
gegen Masern vorliegt (gesichert durchgemachte Erkrankung oder
serologische Immunitätsbestimmung) (2). Beim Wechsel einer
Betreuungseinrichtung können staatliche Stellen oder die Leitung einer
Einrichtung ebenfalls bestätigen, dass ein Nachweis über die
Schutzimpfungen bzw. Immunität bereits vorgelegen hat (2). Ferner kann
durch einen Arzt bestätigt werden, dass aufgrund einer medizinischen
Kontraindikation nicht geimpft werden kann.
Bei unbekanntem Impfstatus stellt das Robert Koch-Institut (RKI) jedoch fest,
„dass bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation von Impfungen im
Interesse der zu schützenden Person von fehlenden Impfungen auszugehen
ist. Anamnestische Angaben zu bisherigen Impfungen oder durchgemachten
Krankheiten (z.B. Masern, Mumps, Röteln) sind mit Ausnahme von Varizellen
oft unzuverlässig und sollten nicht berücksichtigt werden. Serologische
Kontrollen zur Klärung der Notwendigkeit von Nachholimpfungen sind nur in
Ausnahmefällen sinnvoll, da die in klinischen Laboratorien verwendeten
Testmethoden häufig keine ausreichende Sensitivität und Spezifität
aufweisen“ (3).
Eine serologische Immunitätsbestimmung zum Zweck des Nachweises eines
ausreichenden Impfschutzes im Sinne des Gesetzes ist keine Leistung der
gesetzlichen Krankenkassen.
Ist der Impfausweis nicht auffindbar, sollte gemäß Empfehlungen der STIKO
versucht werden, die Informationen zu früher durchgeführten Impfungen aus
ärztlichen Unterlagen zu ermitteln. Gegebenenfalls kann auf Basis der
dokumentierten Impfanamnese ein neuer Impfausweis ausgestellt werden.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass Impfungen, die nicht dokumentiert sind den
STIKO-Empfehlungen entsprechend nachgeholt werden sollen. „Von
zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht in der Regel kein erhöhtes
Risiko aus. Deshalb können zur Verringerung der notwendigen Injektionen
Kombinationsimpfstoffe auch dann verwendet werden, wenn nicht alle
enthaltenen Antigene/Impfstoffkomponenten erforderlich sind“ (3).
Bei Personen, die bereits jetzt in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden
(u.a. Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder
Jugendliche betreut werden, insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten,
Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige
Ausbildungseinrichtungen, Heime, Unterkünfte für Asylbewerber und ähnliche
Einrichtungen), muss der Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbracht werden
(2). Für das Personal in Gemeinschaftseinrichtungen und medizinischen
Einrichtungen (einschließlich ErzieherInnen, LehrerInnen, TagespflegerInnen,
Auszubildende, PraktikantInnen, Studierende und ehrenamtlich Tätige),
soweit nach 31.12.1970 geboren, gilt entsprechendes.
Sollten diese Nachweise nicht erfolgen, begehen die betreffenden Personen
eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbußen geahndet werden kann.
Geldbußen können auch gegen die Leitungen von
Gemeinschaftseinrichtungen bei Nichtbeachtung ausgesprochen werden.
Nichtgeimpfte Personen können vom Besuch der Einrichtung ausgeschlossen
werden, wobei die Schulpflicht vorrangig ist.
Da viele Berufsgruppen bei der Umsetzung des Masernschutzgesetzes
betroffen sind und aufgrund unterschiedlicher Empfehlungen besteht zur Zeit,
trotz klarer Gesetzeslage, ein hohes Maß an Verunsicherung, wann ein
ärztliches Attest notwendig ist. Wie oben ausgeführt, sind sowohl die
Impfdokumentation im Impfausweis als auch das ärztliche Attest zwei
gleichberechtigte Möglichkeiten der Nachweispflicht nachzukommen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die STIKO ihre Empfehlungen vom 22.
August 2019 im Epidemiologischen Bulletin vom Januar 2020 aktualisiert hat
(8). Auch bietet die STIKO ihre Empfehlungen in Form einer kostenlosen App
an, die durch schnell verfügbare und aktualisierte Informationen helfen kann,
Probleme zu lösen, die sich durch z.T. komplexe Impffragen im ärztlichen
Arbeitsalltag ergeben (9).
Zur Information Ihrer Patienten (10) und zu Ihrer eigenen Information (11) hat
die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) entsprechendes
Material online zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie hierbei auch die
Merkblätter der BZGA, die in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut,
dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Bundesministerium für Gesundheit erstellt
worden sind (12). Viele Fragen rund um das Masernschutzgesetzt beantwortet
das Bundesgesundheitsministerium in einer FAQ-Sammlung unter dem
entsprechenden Link (13). Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat
kürzlich entsprechende Information für Ärzte auf ihrer Internetseite zur
Verfügung gestellt (6).
Es ist meine Einschätzung, dass sowohl eine gute Information der Fachkreise
wie auch der Bevölkerung notwendig sein wird, um ein möglichst
reibungsarmes Umsetzen des Gesetzes zu ermöglichen. Eine gute
Kooperation aller betroffen Institutionen und Interessensgruppen ist hierbei
unabdingbar. Ein erstes gutes Beispiel hierfür ist eine geplante gemeinsame
Informationsveranstaltung für Kindertageseinrichtungen des
Gesundheitsamtes und Gesundheitsministeriums in Kooperation mit dem
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und der Saarländischen
Ärztekammer.
Dr. med. H. Wahl, MRCPCH
Kinder- und Jugendarzt
Mitglied des Ausschusses Prävention der Ärztekammer des Saarlandes
BVKJ Saarland
1. O.V. Seitentitel: Impfpflicht soll Kinder vor Masern schützen.
Bundesministerium für Gesundheit (2019).Verfügbar unter:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/impfpflicht.html. Abruf am:
15.02.2020.
2. O.V. Seitentitel: Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der
Impfprävention. Bundesministerium für Gesundheit (2019).Verfügbar unter:
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jump
To=bgbl120s0148.pdf. Abruf am: 15.02.2020.
3. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut
2019/2020. Epidemiologisches Bulletin 2019(34):313--64.
4. O.V. Seitentitel: Masern-Impfstoffe. Paul-Ehrlich-Institut (2020).Verfügbar
unter: https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/masern/masernnode.
html. Abruf am: 20.02.2020.
5. Gemeinsamer Bundesausschuss. Seitentitel: Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Absatz 1 SGB V -
(Schutzimpfungs-Richtlinie/SI-RL). (2019).Verfügbar unter: https://www.g-ba.
de/richtlinien/60/. Abruf am: 18.02.2020.
6. O.V. Seitentitel: Impfpflicht gegen Masern ab 1. März - KBV bietet
Praxisinformation für Ärzte. Kassenärztliche Bundesvereinigung.Verfügbar
unter: https://www.kbv.de/html/1150_44367.php. Abruf am: 21.02.2020.
7. O.V. Seitentitel: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung und
Abrechnung von Impfleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
gemäß der Schutzimpfungs-Richtlinie. Kassenärztliche Vereinigung Saarland
(2019).Verfügbar unter:
https://www.kvsaarland.de/documents/10184/42/Formular+Antrag+Impfen.p
df/16c9b2de-f2c7-44b6-b161-2b7eeb03fc83. Abruf am: 16.02.2020.
8. Robert Koch-Institut (2020).Epidemiologisches Bulletin 02 / 2020.
9. O.V. Seitentitel: STIKO@rki - die erste Impf-App für Ärzte. Robert Koch-
Institut.Verfügbar unter:
https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/App/STIKOApp_
node.html. Abruf am: 15.02.2020.
10. O.V. Seitentitel: Masernschutzgesetz. Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (2020).Verfügbar unter: https://www.masernschutz.de/. Abruf am:
15.02.2020.
11. O.V. Seitentitel: Leitungen und Ärzteschaft. Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (2020).Verfügbar unter:
https://www.masernschutz.de/leitungen-und-aerzteschaft.html. Abruf am:
15.02.2020.
12. O.V. Seitentitel: Wie weise ich Masern-Impfungen oder Masern-Immunität
nach? : Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2020).Verfügbar unter:
https://www.mkk.de/media/resources/pdf/mkk_de_1/buergerservice_1/leben
slagen_1/gesundheit_1/53_gesundheitsamt_1/aktuelles_3/Merkblatt-
Masernschutzgesetz-Masernimpfung.pdf. Abruf am: 18.02.2020.
13. O.V. Seitentitel: Fragen und Antworten zum Masernschutzgesetz.
Bundesministerium für Gesundheit (2020).Verfügbar unter:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/impfpflicht/faq-masernschutzgesetz.html. Abruf am: 18.02.2020.